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Inhalt:
Zahlungsunfähigkeit und drohende Zahlungsunfähigkeit ___________________________________________________________________________________________________
Voraussetzung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und des etwa vorgeschriebenen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuchs ist das Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit oder drohender Zahlungsunfähigkeit.
Zahlungsunfähig ist, wer nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt nach § 18 Abs. 2 InsO vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.
Fällig sind Zahlungsverpflichtungen, wenn 1. weder der Gläubiger bei Vertragsschluss, Vergleichsschluss vor Gericht, in einem Anpruchsschreiben etc. eine Zeit bestimmt hat, vor der er die Leistung nicht verlangen wird § 271 Abs. 1, 1. Alternative BGB (und dann auch nicht verlangen kann, § 271 Abs. 2 BGB) 2. noch aus den Umständen zu entnehmen ist, dass der Gläubiger die Leistung nicht sofort verlangen will oder kann (§ 271 Abs. 1, 2. Alternative BGB). Denn liegen diese beiden Voraussetzungen nicht vor, so kann die Leistung (zB. Zahlung) sofort verlangt werden (§ 271 Abs. 1 BGB). nächstes Thema:
Grundsätzlich sind alle Forderungen, die gegen einen Schuldner gerichtet sind, insolvenzfähig.
Vorsätzlich pflichtwidrig nicht gezahlte Unterhaltsverpflichtungen
Nicht insolvenzfähig sind auch hinterzogene Steuern, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den
§ 370,
§ 373 oder
§ 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist.
Weiterhin sind nicht insolvenzfähig Geldstrafen aller Art und die diesen durch § 39 Abs. 1 Nummer 3 InsO gleichgestellten Verbindlichkeiten des Schuldners. Die vierte Art von Verbindlichkeiten, die nicht an Insolvenzverfahren teilnehmen kann, ist eine Verbindlichkeit aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden. nächstes Thema:
In Analogie zum gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren nennt man den außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch auch außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren.
Angesichts der Situation, dass die Amtsgerichte mehrheitlich keine Beratungshilfe für das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren durch Rechtsanwälte erteilen, sondern auf die Möglichkeit der kostenlosen Bearbeitung durch Schuldnerberatungen verweisen, ist es für Verbraucher zu empfehlen, sich an eine Schuldnerberatung zu wenden. Die von den Landesbehörden anerkannten Stellen werden das Schuldenbereinigungsverfahren kostenlos durchführen. Auch wenn Ihnen dieser Schritt schwer fällt, sollten Sie ihn gehen, um das lähmende Problem der Überschuldung möglichst schnell überwunden zu haben. Dann wird sich auch Ihre Lebenssituation wieder bessern. nächstes Thema:
Es gibt mehrere Formen des Insolvenzverfahrens:
Das Verbraucherinsolvenzverfahren für alle Klein- oder Nichtunternehmer beginnt zwingend mit dem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch § 305 InsO. Wer als Unternehmer nur Schulden aus nichtgewerblicher Tätigkeit hat, kann die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens beantragen. Unternehmer, die überschaubare Vermögensverhältnisse haben, das heißt, weniger als 19 Gläubiger und keine Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, sind ebenfalls prädestiniert für das Verbraucherinsolvenzverfahren.
Nach Scheitern des Schuldenbereinigungsversuches muss der Insolvenzantrag binnen einer Frist von 6 Monaten beim für den Wohnort zuständigen Insolvenzgericht (§ 3 InsO) schriftlich auf einem etwa 30-seitigen Formular gestellt werden. Das entsprechende Formular finden Sie unter dem Menüpunkt Formulare. Der Nachweis über die Einhaltung der Frist wird durch die Beifügung der Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuches als Anlage 2 des Insolvenzantrages geführt. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dauert im Allgemeinen etwa 2 Wochen - wenn der Antrag keinen Anlass zu Beanstandungen gibt (also vollständig und richtig ausgefüllt ist). Ist was vergessen worden oder ein wichtiges Formular nicht oder nicht ganz ausgefüllt, teilt das Gericht das mit und gibt genau einen Monat -nicht mehr- Zeit, die Fehler zu beheben.
Im Insolvenzeröffnungsverfahren kann das Gericht einen Sachverständigen benennen, der prüft, inwieweit die Insolvenz durchgeführt werden kann, und einen vorläufigen Gläubigerausschuss bei Insolvenzverfahren über hohe Vermögen. Weiter kann es Anordnungen zur Sicherung der Masse treffen, § 21 InsO. Das Insolvenzplanverfahren wird weiter unten beschrieben. insolvenzverfahren und güterrechtliches Insolvenzverfahren seien hier nur am Rande erwähnt.
nächstes Thema:
In gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren haben die Gläubiger einen Monat Zeit, auf das entsprechende Anschreiben des Gerichts zu reagieren, bestenfalls dem gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan zuzustimmen. Erfolgt keine Rückäußerung des Gläubigers, gilt die Zustimmung gemäß § 307 II Satz 1 InsO nach Ablauf der Frist als erteilt.
Während des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens ruht das durch den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Gang gesetzte Insolvenzverfahren, § 306 Abs. 1 Satz 1 InsO. nächstes Thema:
Das Bundesjustizministerium und die Bundesregierung haben in mit ihren Referenten konkurrierender Gesetzgebung die Dauer des Insolvenzverfahrens verkürzt auf 3 Jahre. Der Bundestag hat die Geltung dieser Neuregelung ab 1.10.2020 beschlossen. Diese Neuerung soll allerdings für Verbraucherinsolvenzverfahren zunächst nur bis 30.6.2025 gelten. Nach diesem Zeitpunkt eingereichte Insolvenzanträge werden entweder nach dem alten Insolvenzrecht, oder einen ganz neuen behandelt - sofern die Gesetzgebung der EU dies überhaupt zulässt. Für alle ab dem 01.10.2020 eingereichten Regel- und Verbraucherinsolvenzverfahren wird die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre reduziert werden. Anders als bisher nach § 300 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 und Abs. 2 InsO alter Fassung müssen die Kosten des Insolvenzverfahrens nicht gezahlt werden, um die Verkürzung zu erreichen. Hinsichtlich der Kosten des Insolvenzverfahrens verbleibt es vielmehr bei der Kostenregelung nach alter Rechtslage. Für alle Verfahren seit dem 1.10.2020 wird die Versagung der Restschuldbefreiung auch von Amts wegen geprüft, wenn durch die Verletzung der Obliegenheiten die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt wird. Bisher erfolgte die Versagung nur auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, verbunden mit der Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes. Nebenbei: Gewinne aus einer Lotterie oder aus Gewinnspielen müssen auch in der Wohlverhaltensphase an den Treuhänder herausgegeben werden.
Bisher und für alle Insolvenzanträge, die vor dem 1.10.2020 gestellt worden sind, galt gemäß der Änderung der Insolvenzordnung ab 1.7.2014 durch das
6 Jahre Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensphase.
Nur 5 Jahre Wohlverhalten waren erforderlich, wenn die Verfahrenskosten (Gerichtskosten und Treuhändervergütung) vom Schuldner innerhalb von fünf Jahren gezahlt wurden und der Antrag auf Verkürzung des Insolvenzverfahrens und der Abtretungsfrist rechtzeitig (etwa 3 Monate) vor Ablauf der fünf Jahre gestellt worden war, § 300 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 3 InsO. 3 Jahre dauerte die Wohlverhaltensperiode, wenn Sie ab Eröffnung des Verfahrens in dieser Zeit Zahlungen in Höhe von 35% der Gesamtforderungen auf die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen an den Treuhänder/Verwalter zur Verteilung an die Gläubiger leisten und die Verfahrenskosten binnen dieser drei Jahre zahlen (§ 300 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 und Abs. 2 InsO). Auch hier war ein rechtzeitig gestellter Antrag Voraussetzung für die Verkürzung des Verfahrens. Diese Regelung fällt jetzt weg, befristet bis 30.06.2025. Weiteres über das Insolvenzverfahren erfahren Sie auf der Seite des Amtsgerichts Charlottenburg von Berlin nächstes Thema:
Die Kosten des Insolvenzverfahrens bestehen aus den Kosten, die das Gericht für seine Tätigkeit nimmt und dem Honorar für den Treuhänder/ Insolvenzverwalter (§ 54 InsO). Auch die Mitglieder des Gläubigerausschusses bekommen eine Vergütung.
Nach § 35 InsO besteht die Insolvenzmasse aus dem gesamten Vermögen des Schuldners, das er bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens besitzt und dem, das er bis zum Ende des Insolvenzverfahrens hinzuerwirbt. Das klingt zunächst so, als müsse der Schuldner tatsächlich sein gesamtes Vermögen den Gläubigern opfern - und manche Gläubiger scheinen hieran fest zu glauben, denn sie pochen jenseits aller wirtschaftlichen Vernunft auf die Eröfnung eines Insolvenzverfahrens als Allheilmittel, anstatt sachlich zu überdenken, welche Vorteile ein außergerichtlicher Vergleich bringt gegenüber der Schmälerung der Insolvenzmasse durch alle im Laufe eines Insolvenzverfahrens anfallende Kosten. Und in der Tat umfasst die Insolvenzmasse die Geldbeträge, die der Schuldner an den Treuhänder/ Insolvenzverwalter von seinem Einkommen abtreten muss, die Habseligkeiten des Schuldners, wenn diese den Rahmen bescheidener Lebensführung übersteigen und bei einer Erbschaft die Hälfte des Wertes, Grundstücke zählen nach dem vollen Verkehrswert. Kurz gesagt, die pfändbare Habe eines Schuldners bildet die Insolvenzmasse. Alles wird zusammengerechnet und ergibt den Gegenstandswert, die Grundlage für die Berechnung der Vergütung.
Die Berechnung des Gegenstandswertes erfolgt nach § 58 GKG:
Die Höhe der Gerichtskosten richtet sich nach § 34 GKG.
Da deren Errechnung bei Anwendung der in § 34 GKG abgedruckten Tabelle etwas langwierig ist, gibt es zur Vereinfachung eine Gebührentabelle für Streitwerte bis 500.000 EUR als
Anlage 2. Die Mindestgebühr beträgt 15 EUR. Ist die Höhe einer Gebühr nach dem GKG gemäß Anlage 2 ermittelt, so erfährt man durch das Studium des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) und dort in Teil 2, Hauptabschnitt 3, mit welchen Faktoren in den einzelnen Verfahrensabschnitten (Eröffnungsverfahren, Insolvenzverfahren, Forderungsprüfung, ggf. Restschuldbefreiungsanträge, Beschwerden etc.) die Gebühr multipliziert werden muss, um letztendlich die zu zahlenden Kosten im Laufe eines langen Insolvenzverfahrens zu erhalten. Beim Verfahren über den Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gilt der Faktor 0,5 (Nr. 2310).
Ist das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird für die Durchführung des Insolvenzverfahrens nach KV GKG Nr. 2320 die Gerichtskostengebühr mit dem Faktor 2,5 multipliziert.
Wird der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Schuldners von einem der Gläubiger gestellt, so gelten andere Faktoren: Für die Abhaltung besonderer Prüfungstermine oder das schriftliche Prüfungsverfahren gemäß § 177 InsO bei Anmeldung einer Forderung nach dem Prüfungstermin fallen 20,00 EUR je Gläubiger an (Nr. 2340), die Entscheidung über den Antrag auf Versagung oder Widerruf der Restschuldbefreiung kostet 35,00 EUR (Nr. 2350). Die Kosten für Beschwerden entnehmen Sie bitte Teil 2 Abschnitt 6 der Anlage 1 zum GKG.
Die Verteilung der Kostenlast nach GKG unter den Teilnehmern an einem Insolvenzverfahren, nämlich Schuldner und Gläubiger, erfolgt nach § 23 GKG:
(2) Die Kosten des Verfahrens über die Versagung oder den Widerruf der Restschuldbefreiung (§§ 296 bis 297a, 300 und 303 der Insolvenzordnung) schuldet, wer das Verfahren beantragt hat. Die Kosten für die öffentliche Bekanntmachung in ausländischen Insolvenzverfahren werden gemäß § 24 GKG erhoben. Hat der Schuldner nichts und ist auch während der nächsten sechs Jahre nichts zu erwarten, wird der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen. Die Gerichtskosten berechnen sich dann nach einem angenommenen Wert der Insolvenzmasse bis zu 500 EUR - eine Gebühr beträgt 35 EUR. Das nachfolgend aufgeführte Beispiel zeigt in Kurzform die einzelnen Schritte, die man durch das GKG gehen muss, um die Kosten für das Insolvenzverfahren zu errechnen:
Nehmen wir an, die Insolvenzmasse beträgt 10.000,00 €
Die Vergütung des Treuhänders ist ähnlich zu ermitteln, wie die Gerichtskosten. Auch sie basiert auf der Insolvenzmasse zur Zeit der Schlussrechnung. Damit es nicht zu einfach wird, hat der Gesetzgeber in § 1 InsVV ausgeklügelt festgelegt, wann ein Vermögensgegenstand im Sinne der InsVV zur Masse gerechnet werden kann. Zusätzlich gibt es Regelsätze und Zu- oder Abschläge auf die Vergütung und der Treuhänder/ Verwalter kann Vorschuss verlangen. Derjenige, der die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat, trägt diese Kosten, auch wenn die Durchführung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen wird. nächstes Thema:
Bei Abweisung des Insolvenzeröffnungsantrages mangels Masse nach § 26 der InsO wird das Insolvenzverfahren erst garnicht eröffnet. Es gibt dann auch keine Restschuldbefreiung. Der Eröffnungsantrag wird immer dann abgewiesen, wenn die Insolvenzverfahrenskosten (Gerichts- und Verwaltungskosten) voraussichtlich nicht aus dem verwertbaren Vermögen des Schuldners beglichen werden können und wenn kein Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten gemäß § 4a InsO gestellt worden ist. nächstes Thema:
§ 4a Inso ermöglicht es dem Schuldner, bei gleichzeitig mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen gestelltem Stundungsantrag nebst Erklärung über das Vorliegen von Versagungsgründen des § 290 Inso Abs. 1 Nummer 1 und 3 InsO, sich die Kosten des Verfahrens stunden zu lassen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Justizkasse die Kosten weiterhin stunden oder niederschlagen. Die Voraussetzungen hierfür sind in den Landeshaushaltsordnungen der Länder geregelt. Für Brandenburg gilt § 59 LHO. Die übrigen Bundesländer haben annähernd inhalts- und paragraphgleiche Vorschriften. nächstes Thema:
Restschuldbefreiung wird nur gewährt, wenn der Schuldner sich an die Vorgaben des § 295 InsO und an § 97 InsO hält. Er ist somit verpflichtet, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist 1. eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit ablehnen; 2. Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, zur Hälfte des Wertes an den Treuhänder herauszugeben; 3. jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen; 4. Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen. 5. Dem Gericht und dem Treuhänder die Auskünfte nach § 97 InsO zu erteilen.
(2) Soweit der Schuldner eine selbständige Tätigkeit ausübt, obliegt es ihm, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. nächstes Thema Nun stellt sich natürlich die in der insolvenzrechtlichen Literatur tatsächlich umstrittene Frage, welche Arbeit einem Schuldner zugemutet werden kann. Grundsätzlich hat der Gesetzgeber an die Zumutbarkeit im Sinne der Vorschrift strenge Anforderungen gestellt. Das bedeutet, dass der Schuldner unter Umständen eine berufsfremde, eine auswärtige und notfalls auch eine Aushilfs- oder Gelegenheitstätigkeit anzunehmen hat. Während in der Literatur einige Autoren der Auffassung sind, dass der Schuldner praktisch jede Arbeit, die ihm angeboten wird, annehmen muss, ist dem InsO-Kommentar von Uhlenbruck (dort Vallender, § 295, Rn. 25ff.) mit Verweis auf weitere Meinungen in der Literatur zu entnehmen, dass es gerechtfertigt erscheine, die Unzumutbarkeitsschwelle höher anzusetzen ist, als im Sozial- und Unterhaltsrecht. Das bedeutet grundsätzlich, dass der Schuldner nicht jede Arbeit annehmen muss, die ihm angeboten wird, seiner Ausbildung und Berufserfahrung aber nicht entspricht. Dennoch orientiert sich der Zumutbarkeitsbegriff im Insolvenzrecht an der Regelung des § 140 SGB III. Hieraus folgt, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeit das Lebensalter und die Gesundheit des Schuldners eine besondere Rolle spielen. Machen diese beiden Merkmale einen Schuldner auf dem 1. Arbeitsmarkt unvermittelbar, oder ist der Schuldner erwerbsunfähig im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ( § 43 Abs. 2 SGB VI), so ist ihm eine Tätigkeit nicht mehr zumutbar. Das gleiche gilt für Personen über 65 Jahre und Bezieher eines vorgezogenen Altersruhegeldes (aaO.) Eine Tätigkeit, die erhebliche körperliche oder physische Kräfte erfordert, kann ebenfalls im Hinblick auf das Lebensalter nicht mehr zumutbar sein. Ebenso wenig kann ein Schuldner auf Erwerbstätigkeiten verwiesen werden, die seinem Gesundheitszustand nicht angemessen sind. Im Zweifel ist dies durch ein amts- oder vertrauensärztliches Gutachten zu klären. Grundsätzlich ist ein Schuldner verpflichtet, einen Ortswechsel in Kauf zu nehmen. Hat er Familie, so gilt dies nur eingeschränkt. (Kindeserziehung, Alleinerziehung. Allerdings dürfen Schuldner und Ehegatte keinen Rollentausch bei der Kindeserziehung vornehmen). Die Aufnahme eines Universität- oder Fachhochschulstudiums während der Insolvenz kann zu der Versagung der Restschuldbefreiung führen (näheres siehe AG Göttingen ZVI 2002,82 f.) Fort- und Weiterbildung ist nur dann unschädlich, wenn diese zu einem höheren Gehalt führt und dies innerhalb der Wohlverhaltensperiode passiert (aaO., Rn. 14). Die Erwerbsobliegenheit ist verfassungsmäßig und verstößt nicht gegen das Recht der Berufsausübung oder der Berufswahl nach Art. 12 GG. nächstes Thema:
Die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 InsO erfolgt auf Antrag eines Insolvenzgläubigers durch Beschluss, wenn (1)
1.
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6. (2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 InsO Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt. (3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. Auf Antrag des Treuhänders kann die Restschuldbefreiung gemäß § 298 InsO durch Beschluss des Gerichts versagt werden, wenn der Schuldner trotz Aufforderung unter Hinweis auf die mögliche Versagung der Restschuldbefreiung durch den Treuhänder nicht reagiert. Leistet der Schuldner auch nach Aufforderung des Gerichts unter Hinweis auf die drohende Versagung die Zahlung der Mindestvergütung des Treuhänders nicht, ist die Restschuldbefreiung zu versagen. Auch gegen diesen Beschluss kann der Schuldner sofortige Beschwerde binnen einer Frist von 2 Wochen ab Zustellung einlegen (§§ 6, § 298 Abs. 3 InsO i.V.m. § 296 Abs. 3 InsO, § 11 Abs. 1 RPflG). nächstes Thema:
Die Versagung der Restschuldbefreiung hat auch Auswirkungen auf die erneute Beantragung des Insolvenzverfahrens: Der Gesetzgeber hat in der seit dem 1. Juli 2014 geltenden Fassung der Insolvenzordnung durch Einfügung des § 287a InsO festgelegt, dass bei Versagung der Restschuldbefreiung wegen der Begehung von Insolvenzstraftaten (§ 290 Abs. 1 InsO) die Sperrfrist von 5 Jahren nach Versagung der Restschuldbefreiung den erneuten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verhindert. Die Sperrfrist von 3 Jahren für die Beantragung eines neuen Insolvenzverfahrens gilt bei der Verletzung von Auskunfts-und Mitwirkungspflichten oder bei falschen Angaben über Vermögen bzw. Einkünfte oder wenn die Pflicht zur Ausübung einer angemessenen Tätigkeit nicht erfüllt wurde oder der Schuldner in der Wohlverhalten seine Obliegenheiten nicht erfüllt hat. Wird die Restschuldbefreiung auf Antrag des Treuhänders/Insolvenzverwalters wegen der Nichtzahlung der Mindestvergütung versagt, gilt keine Sperrfrist. Das Gesetz sieht hierfür keine Sperrfrist vor, weshalb die diesbezügliche Rechtsprechung, die ebenfalls eine 3-jährige Sperrfrist vorsah, nicht mehr einschlägig ist. Keine Sperrfrist gilt, dies sei nebenbei gesagt, wenn der Schuldner seinen Insolvenzantrag oder den Antrag auf Restschuldbefreiung zurücknimmt oder die Frist zur Behebung von Monierungen des Gerichts (einen Monat) verstreichen lässt. Hat man in einem nach dem 1.10.2020 eingereichten Verfahren nach drei Jahren die Restschuldbefreiung erhalten, so gilt für diese Schuldner die Sperrfrist von 11 Jahren, bevor ein neues Verfahren beantragt werden kann. Erschwerend kommt hinzu, dass dieses neue Verfahren eine Abtretungsfrist von 5 Jahren hat. Der Gesetzgeber hat somit die Entschuldung erleichtert, die erneute Entschuldung allerding erschwert - sieht man davon ab, dass auch das 2. Insolvenzverfahren kürzer ist, als das bisherige Insolvenzverfahren ohne Verkürzung. nächstes Thema:
Gläubiger, die ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren dadurch torpedieren, dass sie Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten (Pfändung des Arbeitseinkommens, Taschenpfändung oder die Pfändung von Kontenguthaben, Pfändung von Sachen oder Eintragung von Zwangshypotheken usw.) sollten wissen, dass diese Sicherungsmaßnahmen im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wirksam sind. nächstes Thema:
Zinsen können nur geltend gemacht werden, wenn der Schuldner mit der Begleichung der Forderung in Verzug, § 286 BGB, § 288 BGB gewesen ist. Gläubiger, die Zinsen oberhalb des gesetzlichen Zinssatzes zur Tabelle anmelden, müssen deren Entstehung und Rechtsgrundlage nachweisen. neues Thema: Kommt der Schuldner mit der Zahlung einer Forderung in Verzug (§§ 286 ff. BGB), zahlt er also nicht bei Fälligkeit und hat es verschuldet, dass er den Gläubiger auf sein Geld warten lässt, so ist dieser berechtigt, den sogenannten Verzugsschaden, also den Vermögensschaden, den der Gläubiger während des Zeitraums des Verzuges (Fälligkeit bis Zahlung) in Form von entgangenen Zinsen oder Kosten für Inkassounternehmens- oder Rechtsanwaltstätigkeit zur Beitreibung der Forderung erlitten hat, dem Schuldner gegenüber geltend zu machen.
Es ist eine weit verbreitete Unsitte, dass der Schuldner sich im Falle des Verzuges mit mehreren Eintreibungsorganen konfrontiert sieht. Meist versucht der Gläubiger zunächst selbst, durch eine Mahnung den Schuldner zur Zahlung zu bewegen. Hilft dies nicht weiter, so beauftragt er (zulässigerweise) ein Inkassounternehmen oder eine Rechtsanwaltskanzlei bzw. sonstige nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz hierzu befugte Personen und Institutionen mit der Beitreibung der Schuld.
Oft wird der Schuldner das Opfer eines Kreislaufs der Forderung zwischen Gläubiger, Inkassobüro und Anwaltskanzlei sowie weiteren Inkassobüros und Anwaltskanzleien, je nach Dauer der Beitreibung. nächstes Thema
Das allgemeine Insolvenzverfahren gibt es, wie bereits oben beschrieben, in drei Varianten: das Regelinsolvenzverfahren, das Verbraucherinsolvenzverfahren und das Insolvenzplanverfahren. Besondere Insolvenzverfahren sind die über den Nachlass (§ 315 InsO) und das familienrechtliche Insolvenzverfahren bei über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 332 InsO) oder das gemeinschaftlich verwaltete Gesamtgut einer Gütergemeinschaft (§ 333 InsO).
Das Insolvenzplanverfahren wird ebenfalls nur auf Antrag des Schuldners (natürliche oder juristische Person) eröffnet. Der Grundsatz des Verfahrens ist in § 217 Satz 1 InsO niedergelegt. Danach kann die Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger und der Insolvenzgläubiger in einem Insolvenzplan abweichend von den Vorschriften der InsO geregelt werden.
Der Insolvenzplan besteht aus einem darstellenden Teil § 220 InsO und einem gestaltenden Teil § 221 InsO. Eine irgendwie geartete Frist für die Durchführung des Insolvenzplanverfahrens gibt es nicht, die einzelnen Verfahrenshandlungen sollen lediglich beschleunigt und in angemessener Frist durchgeführt werden. Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass das Insolvenzplanverfahren in maximal einem Jahr beendet sein kann - es kann aber auch länger dauern. Es geht das Gerücht, dass der Schuldner im Insolvenzplanverfahren günstiger wegkommt, als im Regel- oder Verbraucherinsolvenzverfahren. Das ist nicht ganz richtig, denn der Schuldner muss seinen Gläubigern etwa so viel anbieten, wie sie auch in einem "normalen" Insolvenzverfahren bekommen könnten. Das ist schon deshalb so, weil es die Gläubiger sind, die über die Annahme oder Nichtannahme des Insolvenzplans entscheiden. Daher ist die bisherige Erfahrung mit dem Insolvenzplanverfahren für Verbraucher, das es erst seit 1.7.2014 gibt, dass die Gläubiger mehr Erfüllungsquote auf ihre Forderungen erzielen, als im Regel- oder Verbraucherinsolvenzverfahren. Das Insolvenzplanverfahren war ursprünglich nur für Selbständige und Unternehmen, also juristische Personen, zugelassen. Dort hatte das Planverfahren den Vorteil, dass beispielsweise ein Unternehmen nicht zerschlagen werden musste, sondern auch saniert werden konnte. Was andererseits auch im Regelinsolvenzverfahren nicht ausgeschlossen war, denn der Fortführungsgedanke bei Unternehmen geht dem Gesamtvollstreckungsgedanken seit Einführung der Insolvenzordnung ohnehin vor. Der Vorteil des Planverfahrens ist, wie beispielsweise auch im gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren des Verbraucherinsolvenzverfahrens, dass die Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger (nach Köpfen oder nach Forderungssummen) ausreicht für die Annahme und Durchführung des Insolvenzplans, dieser somit nicht daran scheitert, dass nicht alle Gläubiger zustimmen. nächstes Thema:
Seit dem 5. April 2017 ist das Gesetz zur Reform der Insolvenzanfechtung in Kraft.
Liegt kongruente Deckung vor, ist der entscheidende Zeitpunkt für die anfechtungsrechtliche Untersuchung eines Rechtsgeschäftes die bestehende Zahlungsunfähigkeit, nicht mehr bereits die Kenntnis einer drohenden Zahlungsunfähigkeit.
Weiterhin beim Zeitpunkt der drohenden Zahlungsunfähigkeit bleibt es, wenn inkongruente Deckung gegeben ist.
Voraussetzungen für die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen zur Schmälerung der Insolvenzmasse sind: Bargeschäfte sind nur noch anfechtbar, wenn der Gläubiger bei Zahlung erkannt hat, dass die Zahlung lediglich zum Zwecke der Schmälerung der Insolvenzmasse erfolgt. Beide, Gläubiger und Schuldner, müssen also wissen, dass sie ein Geschäft abgeschlossen haben, bei dessen Erfüllung (Zahlung), die spätere Insolvenzmasse geringer wird. Als Bargeschäft wird auch die Zahlung von Arbeitsentgelten angesehen, wenn zwischen Arbeitsleistung und Lohn-/Gehaltszahlung bis zu drei Monate liegen. Zahlt also ein Arbeitgeber Lohn/Gehalt für eine Arbeit, die der Arbeitnehmer erst bis zu drei Monate später ausführen soll, muss der Arbeitnehmer davon Kenntnis gehabt haben, dass der Arbeitgeber bereits zahlungsunfähig war. Die Verzinsung von Anfechtungsansprüchen beginnt ab sofort mit dem Verzugseintritt, nicht erst mit der Insolvenzeröffnung.
Gesetzlich geregelt ist die Insolvenzanfechtung in den §§ 129–147 InsO. § 129 InsO enthält die grundsätzlichen Voraussetzungen der Anfechtung, §§ 130–137 InsO die einzelnen Anfechtungstatbestände. Die §§ 138–142 InsO enthalten ergänzende Regelungen. |